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↳ Babylonian Vision

Nora Al-Badri über “Babylonian Vision”

In meiner Arbeit beschäftige ich mich mit spekulativer Archäologie und dekolonialistischen, auf maschinellem Lernen basierenden musealen Praktiken und generiere dabei Technokulturerbe. Zu sehen ist ein auf Basis von GAN-Technologie vortrainiertes neurales Netz. Es geht um ein „General Adversarial Network“, das zu Lernzwecken mit 10 Millionen Bildern aus fünf verschiedenen Museumssammlungen gespeist wurde, den größten Sammlungen mesopotamischer, neusumerischer und assyrischer Artefakte, wobei GAN-Technologien auch für die Generierung von Deepfake-Bildern bekannt sind.

In meinem Fall wurden die Bilder mehrheitlich mittels Web Crawling und Scraping gesammelt, ohne Zustimmung der Institutionen. Zwei von ihnen verfügten jedoch über eine offene API, wo ich die Datensätze für das Training des neuralen Netzes verwenden konnte.

In der Folge ergaben sich, wie man hier sehen kann, neue synthetische Bilder als lebendiges Gedächtnis dieser Bilder. Die Maschine lernt im Wesentlichen Muster, Form und Bildsprache aus dem mesopotamischen Raum und generiert dann neue Objekte und Bilder von Objekten aus diesem Gebiet.

Das generierte Bild ist gleichzeitig selbst ein Artefakt. Und die Materialität ist sehr wichtig, auch wenn man nur eine digitale Version zu sehen bekommt, denn die eingelesenen Bilder sind Bilder von materiellen Objekten unserer Vergangenheit. Und wenn maschinelles Lernen als Technologie zu betrachten ist, die unser kollektives Gedächtnis verarbeitet, macht es für mich absolut Sinn, sie auf das anzuwenden, was man als kulturelle Big Data der Vergangenheit bezeichnen könnte, um neue Bilder als Lebenspuren und in Umlauf befindliche Bildwelten zu genieren.

Und die Anwendung von maschinellem Lernen auf kulturelle Big Data liefert weitere eher spekulative und abstrakte Erkenntnisse auf der Suche nach einer visuellen Sprache, nach Formen und Mustern, innerhalb eines bestimmten räumlichen Kontexts: jenem Babylonien.

Die eingelesenen Bilder dieser Datenbank kommen in diesem Fall eigentlich aus dem Irak, sie alle tragen Zeit und Gedächtnis in sich, handelt sich doch auch um Bilder von beschädigten Stücken mit Patina, zumeist von mittlerer bis niedriger Auflösung.

Sodann entstehen neue synthetische Bilder als lebendiges Gedächtnis dieser Bilder. Was mir auch wichtig war ist die Frage der Dekolonialisierung von Datenbanken, man könnte es die Datenbank des Südens nennen, und einen sinnvollen Beitrag für Länder wie den Irak zu leisten, durch die Schaffung eines neuen Erbes, eines Technokulturerbes.